Honorar-Fahrplan: Wie viel verdient ein Freelancer?
Wer in die Selbstständigkeit startet, der steht vielleicht auch schon recht schnell vor dem ersten Auftrag – und damit auch vor der ersten wichtigen Entscheidung, denn ziemlich sicher kommt vom Kunden bzw. Auftraggeber auch die Frage nach deinem Honorar. Das sorgt bei vielen Freelancern für große Unsicherheit – wie viel darf / kann / muss ich fordern, damit sich meine Arbeit überhaupt lohnt? Du solltest dir daher Gedanken machen, welches Honorar du verlangen kannst und in welcher Höhe dein Stundensatz realistisch bleibt – gerade auch angesichts deiner Erfahrung, deiner Ausbildung und sonstigen Qualifikationen.
Zu viel, zu wenig – so berechnest du dein Honorar
Als Freelancer musst du mit deinem Honorar nicht nur deinen Lebensunterhalt bestreiten – es ist auch die Basis für Investitionen rund um dein Business und die Quelle, aus der du Rücklagen und Versicherungen bestreiten musst. Es sollte also mindestens so hoch angesetzt sein, dass du all das ohne größere Probleme schaffst (und zwar ohne Abzüge in der eigenen Lebensführung). Du musst daher mindestens die folgenden Punkte in deine Kalkulation mit einbeziehen:
- Kosten rund um dein Business: Wenn du von daheim arbeitest, zahlst du keine separate Miete für ein angemietetes Büro. Dennoch – auch im Home-Office hast du laufende Kosten. Zudem kosten Dinge wie Hardware & Software, Visitenkarten, Briefpapier oder auch nur Stifte eben auch Geld.
- Kosten rund um deine Rücklagen: Keine Kosten im engeren Sinn, dennoch ein Posten, den du in deine Kalkulation mit einbeziehen musst – Rücklagen sollten ebenfalls zur persönlichen Finanzgestaltung mit dazugehören und müssen ebenfalls durch das, was du als Freelancer verdienst, bestritten werden.
- Kosten rund um deine Versicherungen: Krankenversicherung, Berufshaftfplichtversicherung, Sozialversicherung und eventuelle Zusatzversicherungen machen sich ebenfalls im Budget bemerkbar.
- Kosten rund um Investitionen: Du möchtest irgendwann mehr aus deinem kleinen Arbeitsplatz im Home-Office machen? Dann solltest du auch Geld für mögliche Investitionen zurücklegen. Das muss keine große Summe sein – auch kleine Beträge wachsen zu größeren Geldbeträgen an.
Was heißt das nun konkret?
Für dich bedeutet das: Stift und Zettel auf den Tisch und los geht’s – du machst eine erste Kalkulation für dein Stundenhonorar, das du bei allen künftigen Pitches und Verhandlungen rund um Aufträge und Verträge als Berechnungsgrundlage heranziehst.
Honorar-Fahrplan
- Step 1: Wieviel möchtest du im Monat verdienen? Achtung: Damit ist nicht dein Umsatz gemeint, sondern das, was du als Gewinn für dich selbst behalten kannst (vergleichbar mit dem Netto-Verdienst in einem „normalen“ Angestelltenverhältnis). Für die meisten ist ein Gewinn von 3000 Euro das, was gemeinhin als „guter Lohn“ bezeichnet wird und für einen einigermaßen sorgenfreien Lebensalltag steht.
- Step 2: Ein Gewinn von 3000 Euro bedeutet einen Umsatz von circa 6000 Euro. Das ist sicher sehr konservativ kalkuliert, hat sich in der geschäftlichen Praxis aber bewährt und sollte deine Ausgaben für Steuern, Versicherungen & Co. locker abdecken. Achtung: Natürlich kannst du beide Summen auch deutlich nach oben oder nach unten korrigieren. Das sorgt aber entweder für exorbitant hohe Stundenhonorare oder aber für auffällig niedrige Kalkulationen. Warum ein extrem niedriger Stundensatz bei Kunden oft negativ aufgefasst wird, zeige ich dir in einem meiner nächsten Artikel. So viel aber vorab: Dein Honorar transportiert nach außen auch immer ein stückweit deinen „Marktwert“ – und du möchtest doch sicher nicht mit dem Attribut billig assoziiert werden, oder?
- Step 3: Als Vollzeit-Freelancer arbeitest du sicher genauso viele Stunden in der Woche wie ein vergleichbarer Arbeitnehmer im Anstellungsverhältnis – also circa 40 Stunden. Von den 40 Stunden gehen sicherlich einige Stunden für Bürokram und Akquise weg – und auch für Pausen oder den Fall, dass du einfach mal einen schlechten Tag hast und Freizeit brauchst. Realistisch gesehen kannst du von 8 Stunden täglich eine Netto-Arbeitszeit von maximal 6 Stunden veranschlagen. Die Arbeitswoche hat 5 Tage und der Monat 4 Wochen – das macht also eine monatliche Stundenzahl von 120 Stunden.
- Step 4: Du möchtest 6000 Euro Umsatz machen und kannst 120 Stunden in Rechnung stellen. Taschenrechner raus – das sind ganz genau 50 Euro pro produktiver Stunde! Achtung: Wenn du mehr Zeit für Büroarbeiten, Akquise oder auch den Einkauf von Material benötigst, sinkt natürlich deine produktive Arbeitszeit – und damit steigt automatisch auch dein Stundensatz. Basierend auf dem Stundensatz kannst du auch deine Tages- und Wochensätze erstellen oder Preise für einzelne Aufträge, Telefonkonferenzen & Meetings sowie Recherchearbeiten festlegen.
- Step 5: Die 50 Euro sind wirklich das absolute Minimum und erhöhen sich je nach deinem beruflichen Background, eventuellen Weiterbildungen oder anderen Skills, die gefragt sind und somit deinen Marktwert in die Höhe schrauben. Das gilt insbesondere für Fähigkeiten, die dich von anderen Dienstleistern unterscheiden und bei Kunden gefragt sind – es spricht nichts dagegen, dass du deine Qualifikationen in bare Münze umwandelst!
Flexibel bleiben – trotz festem Stundenhonorar
Deine ganz persönliche (und möglicherweise auch abweichende) Kalkulation musst du erst einmal verinnerlichen. Du musst sie schließlich auch selbstbewusst vor Kunden und Auftraggebern vertreten können – ein Umstand, der insbesondere für Anfänger oft nicht einfach ist. Hier macht aber, wie so oft, Übung den Meister. Nach einigen „Preisverhandlungen“ wird dir das bestimmt leichter fallen!
Trotz des festen Stundenhonorars habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, flexibel zu bleiben – ohne mich unter Wert zu verkaufen. Insbesondere bei jungen Start-ups habe ich öfter auch schon Rabatte eingeräumt, wenn sich aus einem ersten Auftrag eine dauerhafte Zusammenarbeit ergeben hat. Hier solltest du für dich einen Verhandlungsspielraum abstecken, den du aus geschäftlichen Gesichtspunkten immer noch vertreten kannst.