Krankenversicherung für Freiberufler: privat oder gesetzlich?
Freiberufler haben die freie Entscheidung!
Als Freiberufler bist du mehr als jeder andere konventionelle Arbeitnehmer frei darin, dir deinen Arbeitsalltag so zu gestalten, wie es dir am besten gefällt. Ob Arbeitsbeginn und Feierabend oder Urlaub und Pausenzeiten: Die Entscheidung darüber liegt ganz bei dir – genauso wie die Organisation und die Rahmenbedingungen rund um dein Business. Deine Selbständigkeit gehört nämlich dir ganz alleine – und damit hast du auch die Zügel in der Hand, die zum wirtschaftlichen Erfolg oder auch Misserfolg führen.
Eine der wichtigsten Entscheidungen, die du aus wirtschaftlicher Sicht treffen musst, ist die Regelung deiner Krankenversicherung. Sie greift die finanziellen Risiken, Kosten und Belastungen rund um Gesundheit und Krankheit auf. Eine allgemeine Pflicht zur Krankenversicherung ergibt sich aus § 193 III VVG: Danach müssen sich alle Personen mit Wohnsitz in Deutschland bei einem in Deutschland zugelassenen Krankenversicherer gegen Krankheitskosten versichern.
Die ausnahmslose Versicherungspflicht ist ein wesentliches Merkmal des deutschen Gesundheitssystems. Sie ist unabhängig von der individuellen Ausgangssituation und auch losgelöst von der beruflichen Tätigkeit. Als Krankenversicherer kommt entweder eine der zahlreichen gesetzlichen Krankenkassen in Betracht oder aber eine private Krankenversicherung.
Die gesetzliche Krankenversicherung
Der wohl größte Teil der in Deutschland lebenden Personen ist über eine gesetzliche Krankenversicherung (kurz: GKV) gegen finanzielle Risiken geschützt, die bei Krankheiten entstehen und auch bei der Gesundheitsvorsorge eine bedeutende Rolle spielen können. Die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung ist an keine Voraussetzungen gebunden – daher finden hier auch Rentner, Arbeitslose und Personen mit niedrigem Einkommen den passenden Versicherungsschutz. Besonders vorteilhaft ist die kostenlose Familienversicherung, die der Hauptverdiener durch Zahlung der regelmäßigen Versicherungsbeiträge quasi gratis mit dazubekommt.
Da der Grundgedanke der GKV ein Schutz für alle ist, zeichnet sich die gesetzliche Krankenversicherung zwar durch zahlreiche Vorteile aus – weist aber auch einige deutliche Nachteile auf:
- Leistungen sind oft nicht umfassend: Gesetzliche Krankenkassen versichern alle – gegen jedes Problem im Gesundheitsbereich. Daher sind die Leistungen entsprechend eingeschränkt und werden von vielen Patienten als unzureichend erachtet. Gerade im Bereich Augen- und Zahnheilkunde werden von den gesetzlichen Krankenkassen kaum noch wahrnehmbare Leistungen erbracht – ein Punkt, der viele Versicherte in finanzielle Engpässe bringen kann.
- Einheitlich, dennoch unübersichtlich: Obwohl der Grundbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung aktuell bei 14,6 Prozent liegt, unterscheiden sich die verschiedenen Krankenkassen durch die sogenannten Zusatzbeiträge. Diese variieren zum Teil deutlich und können daher durch die Abhängigkeit vom Einkommen große Unterschiede in der monatlichen Budgetplanung bewirken.
Die private Krankenversicherung
Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung weist der Versicherungsschutz im Rahmen einer privaten Krankenversicherung (kurz: PKV) einige Besonderheiten auf:
- Freiberufler, Selbständige und Beamte (sowie einige andere Ausnahmen) können sich ohne Berücksichtigung des persönlichen Einkommens in der privaten Krankenversicherung versichern. Demgegenüber müssen Arbeitnehmer ein Mindesteinkommen nachweisen, das dynamisch an das aktuelle Lohnniveau angepasst wird und 2018 bei 4950 Euro brutto / Monat liegt (bzw. bei 59400 Euro brutto / Jahr).
- Für den Anbieter der privaten Krankenversicherung besteht keine Aufnahmepflicht: Das bedeutet in der Praxis, dass zum Beispiel bestimmte Personen in der Regel grundsätzlich abgelehnt werden (zum Beispiel chronisch Schwerkranke) oder die individuelle Anamnese führt zu einer Versicherung, die mit separaten Zuschlägen behaftet sind (sogenannte Risikozuschläge).
- Tarifchaos: Im Gegensatz zur gesetzlichen Absicherung unterscheiden sich die Tarife der privaten Krankenversicherungen erheblich voneinander. Der Leistungsumfang der einen Versicherung ist selten identisch mit dem Leistungskatalog der anderen Versicherung – wer sich für einen Wechsel in die private Krankenversicherung entscheidet, sollte daher eingehend die Angebote und Tarife studieren oder einen erfahrenen Fachmann hinzuziehen.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass die privaten Krankenversicherungen sehr viel umfassendere Leistungen für ihre Kunden anbieten und zudem patientenorientierter arbeiten, als das die gesetzlichen Krankenkassen aufgrund ihrer gesetzlichen Leistungspflicht je könnten. Daher ist seit einigen Jahren verstärkt der Trend zu beobachten, nach Möglichkeit in die private Krankenversicherung zu wechseln. Fraglich ist jedoch, ob sich das immer lohnt – gerade hinsichtlich der Tätigkeit als Freiberufler.
Insbesondere bei jüngeren Personen erscheint die PKV oft deutlich günstiger als die GKV – kein Wunder, denn statistisch fallen in jungen Jahren auch weniger krankheitsbedingte Kosten an.
Gesetzlich oder privat – worauf Freiberufler und Freelancer achten müssen!
Von den vermeintlichen Einsparungen sollte sich aber niemand blenden lassen, denn die Beiträge steigen – im Gegensatz zur GKV – mit zunehmendem Alter deutlich an. Auch ich stand schon kurz nach dem Start in die Selbständigkeit vor der Entscheidung und tatsächlich wäre die private Krankenversicherung für mich sehr viel günstiger gewesen. Angesichts der Tatsache, dass ich aber gerade als Freiberuflerin durchaus auch „Durststrecken“ überwinden muss, die gerade im Alter nur schwer zu stemmen sind (die Kombination aus wenig Einkünften und hohen Versicherungsbeiträgen hat schon vielen Selbständigen die finanzielle Grundlage genommen!), habe ich mich dann doch dagegen entschieden.
Des weiteren gilt es zu beachten, dass die PKV keine beitragsfreie Familienversicherung kennt. Das bedeutet, dass jeder Familienangehörige separat versichert werden muss – bei großen Familien kann das eine große finanzielle Belastung bedeuten. Besonders als Freiberufler solltest du daher überlegen, ob du dir den „Luxus“ einer privaten Krankenversicherung tatsächlich leisten kannst – bedenke dabei auch, dass die Versicherungsbeiträge auch dann zu zahlen sind, wenn die Auftragslage nicht so rosig aussieht.
Fazit
Die Entscheidung für oder gegen eine private Absicherung im Krankheitsfall bedarf einer genauen Analyse sämtlicher Rahmenbedingungen. Zu bedenken ist dabei vor allem als Freiberufler die finanzielle Situation und die Entwicklung des eigenen Business. Ein Wechsel von der PKV zurück in die GKV ist nur in Ausnahmefällen möglich – hier haben sich in der Praxis oft unschöne Konstellationen ergeben. Ebenfalls sollte der Abschluss einer privaten Krankenversicherung gut überlegt sein, wenn neben dem Hauptversicherten auch Familienangehörige erfasst werden sollen – hier lohnt sich der Wechsel in der Regel finanziell nur selten und die vermeintlichen Vorteile können hier schnell in finanzielle Nachteile umschlagen.